Baustelle Bauch:
Was tun bei funktionellen Bauchschmerzen
Chronische Bauchschmerzen können viele Ursachen haben, aber eine besonders verbreitete Art sind die funktionellen Bauchschmerzen, zu denen auch das Reizdarmsyndrom sowie die Dyspepsie bzw. der Reizmagen zählen. Ob Kind, Jugendlicher oder Erwachsener – viele sind davon betroffen. Diese Schmerzen können sporadisch auftreten oder zu einem ständigen Problem werden und immer wiederkehren. Oft ist es schwierig, die Schmerzen zu lokalisieren oder zu beschreiben, da sie nicht konstant an derselben Stelle oder gleich intensiv sind.
Manchmal treten sie kurz nach dem Essen auf, besonders im Oberbauch, begleitet von einem schnellen Völlegefühl, Übelkeit bis hin zum Erbrechen oder Aufstoßen. In solchen Fällen spricht man häufig von einer funktionellen Dyspepsie oder einem Reizmagen. Andere spüren den Schmerz eher im unteren Bauchbereich, der sich möglicherweise mit den Mahlzeiten oder auch mit dem Gang zur Toilette verstärkt. Dabei kommt es häufig zu teils starkem Durchfall, aber auch Verstopfung ist möglich, oder auch beides im Wechsel. Der Bauch fühlt sich vielleicht dick und hart an, oft in Verbindung mit mehr oder minder starken Blähungen. Dann spricht man eher von einem Reizdarm.
Was macht funktionelle Bauchschmerzen aus?
Es gibt also eine Menge unterschiedlicher Symptome und Formen. Die Beschwerden sind von Person zu Person verschieden. 3 Dinge sind funktionellen Bauchschmerzen jedoch grundsätzlich gemein:
- Funktionelle Bauchschmerzen können echt enorm wehtun.
- Die Beschwerden können einem das Leben zur Hölle machen.
- Für diese Bauchschmerzen ist keine gefährliche Erkrankung verantwortlich.
Welche Ursachen haben funktionelle Bauchschmerzen?
Aber was genau verursacht funktionelle Bauchschmerzen? In deinem Bauchraum befinden sich zahlreiche Organe, wobei Magen und Darm besonders schmerzempfindlich sind. Diese Bereiche kommunizieren ständig mit deinem Gehirn, wobei sie über Blutgefäße und Nervenverbindungen Signale und Botenstoffe austauschen. Eine Nervenverbindung, die hier eine zentrale Rolle spielt, ist der Vagusnerv. Du hast bestimmt schonmal von ihm gehört. Interessant ist, dass die Kommunikation in beide Richtungen funktioniert. Magen und Darm stellen Botenstoffe her und senden Signale ans Gehirn. Aber genauso reagieren Magen und Darm auch auf Botenstoffe und Signale, die vom Gehirn ausgesendet werden. Deshalb sprechen Wissenschaftler in diesem Zusammenhang von der Darm-Hirn-Achse.
Manchmal sendet der Magen-Darm-Trakt jedoch auch ohne offensichtlichen Grund Schmerzsignale aus. Selbst bei leichten Blähungen oder sogar ganz normalen Verdauungsbewegungen wird er aktiv.
Oft ist das eine Folge von ungünstigen Ernährungsgewohnheiten, einem Magen-Darm-Infekt oder eine Antibiotikabehandlung. Neuere Forschungen zeigen, dass dadurch das Gleichgewicht des Mikrobioms in deinem Verdauungstrakt, also der Darmflora, gestört wird: gute Bakterien werden verringert, unerwünschte Bakterien können sich schnell und leicht vermehren und gewinnen Überhand. Diese ungünstigen Bakterien belasten den Darm. Der Darm sendet in Folge Schmerzsignale an das Gehirn. Teils bilden die ungünstigen Bakterien sogar selbst Botenstoffe, die das Gehirn in “Bauchweh” übersetzt. Und selbst nachdem der Infekt oder die Antibiotikabehandlung schon längst wieder vorbei ist, oder ungünstige Essensmuster durch eine darmgesunde Ernährung ersetzt wurden, kann es noch einige Monate dauern, bis das Mikrobiom wieder im Takt ist und sich die Nerven im Bauch wieder beruhigt haben.
Das Phänomen der überempfindlichen Alarmanlage
Bei vielen Betroffenen mit solchen wiederkehrenden Bauchschmerzen sind die Bakterien und Nerven im Bauch aber völlig ok, und auch sonst scheint im Magen-Darm Bereich alles in bester Ordnung zu sein. Und trotzdem empfinden die Betroffenen Schmerzen.
Ich erkläre das gerne mit einem Vergleich: Das Magen-Darm-System funktioniert bei funktionellen Bauchschmerzen wie eine überempfindlich eingestellte Alarmanlage am Auto. Normalerweise warnt uns Schmerz, damit wir mit verletzten, also beschädigten Stellen vorsichtig umgehen und ihnen so eine Chance zum Heilen geben. Auf das Auto bezogen heißt das, die Alarmanlage sollte auslösen, wenn ein Dieb versucht, das Auto aufzubrechen. Dabei entsteht ein Schaden am Auto, diesen erkennt die Alarmanlage und meldet ihn. Bei funktionellen Bauchschmerzen reagiert das System jedoch überempfindlich und reagiert schon bei normalen Vorgängen wie z.B. leichten Darmbewegungen und etwas Gas im Bauch. Das wäre so, als wenn die Alarmanlage am Auto schon losgeht, wenn ein Eichhörnchen über die Motorhaube huscht.
Warum kommt es bei funktionellen Bauchschmerzen zu einem erhöhten Schmerzempfinden?
Warum ist das Gehirn so alarmiert und nimmt Signale aus dem Magen-Darm-Trakt als Schmerz wahr? Das kann ganz unterschiedliche Gründe haben und ist individuell sehr unterschiedlich. Ich möchte hier 2 Beispiele nennen, warum ein Gehirn empfindlicher auf die Signale aus dem Bauch reagieren könnte:
Beispiel 1: Wie Sorge um die Gesundheit chronische Schmerzen befeuern kann
Du machst dir wirklich Sorgen wegen deiner Bauchschmerzen, hast Angst dass da etwas Schlimmes ist. Aus Angst horchst du immer wieder in dich hinein und achtest gut auf deinen Bauch. Das hat 2 Folgen.
Zum einen führt deine Angst dazu, dass dein Magen-Darm-Bereich sich als Reaktion auf deine Angst schneller bewegt. Denn, wie du zu Beginn schon gehört hast, läuft die Kommunikation in beide Richtungen: vom Bauch zum Gehirn, aber eben auch vom Gehirn zum Bauch. Deshalb können Angst, Aufregung, und auch alles andere, was dich angespannt sein lässt, die Aktivität deines Magen-Darm-Bereichs verändern.
Zum anderen, und das ist ein genauso gewichtiger Grund, wird dein Gehirn durch häufiges In-Dich-Reinhorchen trainiert. Es lernt mit der Zeit immer besser, schon kleinste Veränderungen in deinem Magen-Darm-Bereich zu registrieren und sie als Warnsignal weiterzumelden. Es entsteht also ein ungünstiger Austausch zwischen deinem Gehirn, das immer empfindlicher auf Signale aus deinem Bauch wird, und deinem Bauch, der immer stärker reagiert. Ein klassischer Teufelskreis.
Beispiel 2: Wie Stress und Anspannung dein Gehirn in den Gefahrenmodus versetzt.
Wenn du etwas erlebst, dass dich sehr verletzt, dir Angst macht, oder dir große Sorgen bereitet, schaltet dein Gehirn auf den Gefahrenmodus um. Solche Erlebnisse könnten beispielsweise Trennungen, der Verlust von Partnern oder Freundschaften, Mobbing, und ähnliche ungute Erlebnisse sein, aber selbst alltägliche Überlastung und Stress können sich so auf dein Gehirn auswirken. Einfach alles wird nun erstmal als Bedrohung eingestuft. Und da man Gefahren möglichst früh erkennen sollte, um reagieren zu können, ist dein Gehirn nun offen für alle möglichen Signale, auch die aus dem Bauch. Auch dann, wenn vom Magen Darm Bereich gar keine Bedrohung ausgeht.
Deine Schmerzen sind real. Lass dir nichts anderes einreden!
Wichtig bei all dem ist: Egal, wo deine Bauchschmerzen herkommen, du bildest dir die Schmerzen nicht nur ein. Sie sind real, sie sind echt da. Obwohl in deinem Körper nichts kaputt ist, was ein Arzt mit den heute zur Verfügung stehenden Untersuchungsmethoden messen könnte, verursacht eine gestörte Funktion in deinem Magen-Darm-Bereich und deinem Gehirn funktionelle Bauchschmerzen. Daher auch der Name: Funktioneller Schmerz, ein Hinweis auf die gestörte Funktion.
Was kann man also tun, um funktionelle Bauchschmerzen loszuwerden?
Ärztliche Unterstützung
Lass dich einmalig von deinem Arzt untersuchen, um festzustellen, ob es sich bei dir um funktionelle Bauchschmerzen handelt. Das macht der Arzt, indem er ernste Erkrankungen ausschließt. Bestätigt dir der Arzt die funktionellen Magen-Darm-Beschwerden, kannst du dir sicher sein, dass du dir keine Sorgen mehr um deine Gesundheit zu machen brauchst.
In einigen wenigen Fällen können auch bei funktionellen Bauchschmerzen Medikamente hilfreich sein. Diese kann dein Arzt möglicherweise versuchsweise verschreiben. Oft ist das aber nicht hilfreich und auch nicht nötig, und ich habe hier sowieso einige noch bessere Tipps für dich.
Unterstützung durch Ernährungstherapeuten
Es lohnt sich, deine Ernährungsgewohnheiten zu überprüfen. Es ist allerdings nur selten zielführend, nun einzelne Lebensmittelgruppen wie beispielsweise Gluten oder Milchprodukte wegzulassen, selbst wenn erst einmal die Beschwerden besser zu werden scheinen. Im Gegenteil:
Häufig verschlimmert das Weglassen von einzelnen Lebensmitteln oder Lebensmittelgruppen langfristig deine Beschwerden!
Bespreche deine Ernährungsgewohnheiten lieber mit einem professionellen Ernährungsberater – gerne kannst du dich direkt bei mir melden. Eine ausgewogene Ernährung hilft, deine Verdauung und auch dein Mikrobiom im Gleichgewicht zu halten, nützliche Bakterien anzusiedeln und ungünstigen Bakterien keine Chance zum Wachstum zu geben. An den Kosten für solch eine professionelle Ernährungsberatung beteiligen sich sogar die Krankenkassen.
Was du selbst tun kannst
Du erinnerst dich: funktionelle Bauchschmerzen entstehen nicht im Bauch alleine, sondern aus einem Zusammenspiel von Bauch und Gehirn. Du selber kannst eine Menge tun, um die Schmerzentstehung in deinem Gehirn zu verringern:
- Lenke dich ab und versuche, nicht so viel auf deinen Bauch zu achten. Bitte auch deine Freunde und Familie, dich nicht zu oft auf deine Bauchprobleme anzusprechen. Schließlich willst du deinem Gehirn nicht beibringen, noch sensibler auf die Signale aus deinem Bauch zu achten.
- Baue deinen Stress und deine Anspannung ab, arbeite an deinen Ängsten und Sorgen. Das ist oft leichter gesagt als getan. Scheue dich nicht, die Hilfe eines Coaches oder Psychotherapeuten in Anspruch zu nehmen, wenn du merkst, dass du hier alleine nicht weiterkommst.
- Erlerne eine Entspannungstechnik, um deinen Stress und deine Anspannung abzubauen. Ich empfehle besonders gern die Progressive Muskelentspannung nach Jacobson. Hierzu kannst du gerne meinen Onlinekurs nutzen. Er ist als Präventionskurs anerkannt, und so übernehmen die gesetzlichen Krankenkassen bis zu 100% der Kurskosten.
- Besonders wirksam bei funktionellen und anderen chronischen Magen-Darm-Beschwerden ist die sogenannte Darmhypnose. Sie greift ganz gezielt in die gestörte Darm-Hirn-Kommunikation ein und hilft dir, die „Alarmanlage“ in deinem Kopf wieder auf eine normale Empfindlichkeit herunterzuregulieren. Mit meinem Darmhypnose Kurs habe ich dir eine App zusammengebaut, mit der du die Darmhypnose kostengünstig und von zu Hause aus erlernen und praktizieren kannst.